Interfraktionelle Gespräche
Interfraktionelle Gespräche und Fraktionsvorsitzenden-Konferenzen – Wenn Politik hinter den Kulissen arbeitet
Ratssitzungen sind öffentlich – das ist bekannt. Aber: Ein Großteil der eigentlichen Arbeit passiert vorher.
Dort, wo Mikrofone noch ausgeschaltet sind, aber schon die Weichen gestellt werden. Nein, das ist nicht gleich ein „Geheimzirkel“ – es ist ganz normaler Alltag in der Kommunalpolitik:
interfraktionelle Gespräche und Fraktionsvorsitzenden-Konferenzen.
Warum es diese Treffen gibt
Kommunalpolitik lebt vom Ausgleich. In keinem Rat der Welt gibt es absolute Einigkeit – aber es gibt Themen, die nur funktionieren, wenn man vorher miteinander spricht. Darum treffen sich Vertreter der Fraktionen regelmäßig außerhalb der formellen Sitzungen:
- um Positionen abzugleichen,
- um Missverständnisse zu vermeiden,
- und manchmal schlicht, um den Sitzungsverlauf zu strukturieren, bevor es öffentlich wird.
Merke:
Interfraktionelle Gespräche sind keine „Hinterzimmerpolitik“, sondern können ein Werkzeug sein, um Streit zu vermeiden und Entscheidungen vorzubereiten.
Interfraktionelle Gespräche – das kleine Einmaleins
Ein interfraktionelles Gespräch ist – juristisch gesehen – kein offizielles Organ der Gemeinde.
Es steht nicht in der Gemeindeordnung NRW und fasst keine Beschlüsse. Aber: Es hat praktische Bedeutung, weil dort politische Verständigung stattfindet.
Typischer Ablauf:
- Eine Fraktion lädt ein oder die Bürgermeisterin bittet zum Austausch.
- Vertreter aller Fraktionen (meist Fraktionsvorsitzende oder Sprecher) kommen zusammen.
- Themen sind meist größere Projekte, z. B. Haushaltsberatungen, Baugebiete, Schulentwicklungen.
- Ergebnisse werden anschließend in den Fraktionen diskutiert und können in die Ratsarbeit einfließen.
Beispiel:
Vor einer entscheidenden Haushaltsabstimmung treffen sich die Fraktionsvorsitzenden, um strittige Punkte abzuklopfen. Manchmal wird danach heftig gestritten – aber oft sorgt das Gespräch für eine sachlichere Ratssitzung.
Fraktionsvorsitzenden-Konferenz – das offizielle Gegenstück
Viele Kommunen haben zusätzlich eine sogenannte Fraktionsvorsitzenden-Konferenz. Sie ist kein gesetzlich vorgeschriebenes Gremium, wird aber häufig durch Geschäftsordnung oder Beschluss des Rates eingeführt.
Ihre Aufgaben:
- Austausch zwischen Bürgermeister (oder Verwaltungsspitze) und den Fraktionen,
- organisatorische Fragen (Tagesordnungen, Sitzungstermine, Ablaufplanung),
- politische Abstimmung über das „Wie“ – nicht über das „Ob“ einer Entscheidung.
Rechtlich gilt:: Ergebnisse dieser Konferenz haben keine Bindungswirkung für den Rat (§ 40 GO NRW). Aber sie wirken faktisch, weil sie den Ratsbetrieb strukturieren.
Transparenz und Grenzen
Interfraktionelle Gespräche dürfen selbstverständlich kein Ersatz für öffentliche Debatten sein. Alles, was entschieden wird, muss später öffentlich in den Rat oder Ausschuss. Und die einzelnen politischen Gruppen müssen ihre Standpunkte erklären (können). Denn: Die Gemeindeordnung verlangt Transparenz (§ 48 GO NRW – Öffentlichkeit der Sitzungen). Darum gilt:
- Absprachen sind nur zulässig, wenn sie nicht die Entscheidungsfindung unterlaufen.
- Der Rat bleibt das alleinige Beschlussorgan (§ 40 Abs. 1 GO NRW).
Merke: Gesprochen wird oft hinter den Kulissen – entschieden wird immer auf der Bühne.
Nutzen und Kritik
Vorteile:
- Spart Zeit in Sitzungen
- Ermöglicht Kompromisse
- Verhindert unproduktive Konfrontation
Kritikpunkte:
- Gefahr mangelnder Transparenz („Die haben das doch alles schon vorher beschlossen!“)
- Risiko, dass kleinere Fraktionen außen vor bleiben
Praxis-Idee:
Nach interfraktionellen Treffen könnten öffentliche Protokollnotizen veröffentlicht werden – zumindest über behandelte Themen, nicht über Positionen. Das könnte Vertrauen bilden.
Fazit
Interfraktionelle Gespräche und Fraktionsvorsitzenden-Konferenzen sind der Schmierstoff der Kommunalpolitik. Ohne sie würde manches Ratssystem heftig knirschen. Aber: Sie funktionieren nur, wenn sie transparent und respektvoll geführt werden – nicht als geheime Machtzirkel, sondern als Kommunikationsforen. Oder, etwas salopp gesagt: Gute Kommunalpolitik entsteht nicht im Hinterzimmer – aber manchmal beim Kaffee vor den offiziellen Sitzungen.









